Mein Reisetagebuch – Rund ums Grödnertal – August 2005

 Sonntag, 28.08.2005

Endlich sollte es mal wieder eine Woche von Hütte zu Hütte durch die Dolomiten gehen. Die Nepal-erfahrene Crew Steffi, Gudula, Lothar, Robert und Karolina sowie unser “Newcomer” Uli hatten sich meiner Führung anvertraut, um eine Runde beginnend im Grödnertal zu machen. 
Ein sich aufbauendes stabiles Hochdruckgebiet machte gerade in diesem verregneten Sommer Hoffnung auf einige schöne Tage. 
Ziel des ersten Tages war die Regensburger Hütte, die von St. Christina im Grödnertal in gut 1 1/2 Stunden zu erreichen ist. Das erste Problem stellte die Parkmöglichkeit für die Zeit bis zu unserer Rückkehr da. Leider hat sich hier schon zu sehr die Abkassier-Mentalität aus der Ski-Saison durchgesetzt, so dass wir jeder pro Tag 2,50 € dem Betreiber der Col Raiser Seilbahn abdrücken mussten. 
Danach ging es gemütlich entgegen dem Strom der Wanderer entlang der Ski-Abfahrt aufwärts. Erste Wolkenlücken ließen für den kommenden Tag hoffen. Angekommen auf der gemütlichen Hütte bezogen wir direkt unser Lager im kleinen Nebengebäude. Mit einem zünftigen Abendessen mit Blick auf das Langkofelmassiv endete dann der Auftakt unserer Tour. Den Auftakt der Schnarcher übernahm in dieser Nacht unser Lothar, der dann aber durchaus Besserung gelobte. 

Aufstieg 485m  


koordinierter Aufbruch……

Montag, 29.08.2005

Heute sollte es richtig losgehen. Bei inzwischen genialem Spätsommerwetter ging es über die Wiesen der Skiregion Col Raiser/ Seceda langsam aufwärts. Nach kurzem Durchschnaufen kam dann die erste Nagelprobe – der Abstieg durch die Pana-Scharte ins Villnöss-Tal. Einige Drahtseile und Klammern halfen über die steilsten Stellen hinweg, dann ging es in steilen Serpentinen durch das Geröll hinab ins Tal. Den Abzweig, der direkt auf den Munkel-Weg führt hatte keiner von uns entdeckt, so dass wir dann plötzlich direkt unterhalb der Brogles-Hütte ankamen. Von dort ging es nach einer ausführlichen Rast unter den mächtigen Wänden von Fermeda, Furchetta und Sass Rigais weiter auf dem “ebenen” Munkel-Weg. So manch einem kam dabei die Sinnfrage, warum es in den Bergen immer erst hinauf und dann wieder hinab geht. 
Viele Wanderer genossen das schöne Wetter auf diesem aussichtsreichen Weg. An einem schönen Rastplatz mit einer Bank sicherte uns Steffi diese mit einem Olympia-reifen Spurt. Am Ende des Munkel-Weges sah man die Schlüterhütte weit oben auf einem Sattel. Das letzte Stück Weg brachte nochmal eine Entscheidung mit sich – drei Wege boten sich an. Während unser Marathon-Mann Robert ohne Zögern die steilen Serpentienen in Angriff nahm, mussten wir anderen doch noch mal kurz nachdenken. Mit letzter Kraft ging es für uns andere dann aufwärts. Das sofort verabreichte Weißbier (in einem besonders hartnäckigen Fall war sogar eine Buttermilch notwendig) half aber allen schnell wieder auf die Beine. 
Ein schöner Abend auf einer sehr zu empfehlenden Hütte (sehr gut organisiert, schnelle freundliche Bedienung) ließ dann die Kräfte aller schnell wieder zurückkehren.

Aufstieg 1095m  Abstieg 845  Zeitbedarf  7:30 h (mit Pausen)

 nanu…..      
strahlender Morgen
Skigebiet Col Raiser 
Abstieg von der Pana-Scharte
 ob das wirklich hilft?   
  hier hilft nur noch ein Weißbier….

Dienstag, 30.08.2005

Mehr oder weniger gut erholt stand heute für einige von uns ein besonderes Highlight an. Auf dem Weg zur Roascharte lag die Medalges-Alm – das Domizil, in dem sich der Schriftsteller Jürgen König ein Jahr lang aufgehalten hat. Das Buch, das er über diese Erfahrung geschrieben hat, fanden einige von uns besonders beeindruckend. Leider war, wie wir feststellen mussten, die alte Alm vor einiger Zeit abgebrannt und durch ein neues modernes Gebäude ersetzt worden. Zudem ist ist die Alm nun von einer Forststraße erschlossen. Trotzdem konnte man noch einiges aus dem Buch erahnen. 

Auf dem nun zunehmend steilen Weg hinauf zur Roa-Scharte blieb jedoch kaum noch Zeit für solche Gedanken. Immer steiler ging es hinauf ins Herz des Puez-Geisler-Gebietes. Oben ergab sich die Möglichkeit, den Weiterweg über eine kurze Kletterpassage entlang der Nives-Scharte abzukürzen. 
Wir gingen jedoch den Normalweg abwärts durch ein Kar mit viel Blockwerk. Weiter aufwärts ergaben sich erste Ausblicke auf Sella und die Berge östlich (Fanes, Lagazoi, Pelmo, Civetta). Ein kurzes gesichertes Stück leitete über in die Puez-Hochebene. Hier zog sich der Weg dann doch noch recht lang zur Puezhütte. Der noch lockende Gipfel der Puezspitze wurde kurzerhand von Speck und Strudel verdrängt. 

Die Organisation der Hütte (Selbstbedienung an der Theke) ließ im Vergleich zum Vorabend doch einiges zu wünschen übrig. Einige nette Bekanntschaften und Gespräche (Doris und Helmut – ich hoffe, Ihr hattet noch eine schöne Woche) sowie entsprechender Rotwein-Konsum ließen den Abend noch lang werden. 

Aufstieg 845m  Abstieg 675  Zeitbedarf  7:00 h (mit Pausen)

die gemütliche Schlüterhütte         
An der Medalges-Alm
  Rückblick zur Fermeda 
Die Puezhütte
gemütliche Runde vor der Hütte

Mittwoch, 31.08.2005

Das schöne Wetter hatte eine kurze Verschnaufpause eingelegt. Dicke Nebelschwaden zogen über die Hochebene. Das brachte aber auch einen besonderen Reiz mit sich und trübte unsere Stimmung kaum. Entlang der bizarren Formationen am Crespeina-Joch ging es in knapp 3 Stunden hinunter zum Grödnerjoch, wo uns die Zivilisation schnell wieder einholte. Nach einer kurzen Verschnaufpause begaben wir uns schnell an den Aufstieg in die Sella, dem Highlight der Tour. Jedoch war vor dem Genuss der Schweiß notwendig. Der Einstieg ins Val Setus war schon beeindruckend. Steil ging es durch das Geröll in guten Serpentinen aufwärts. Dann jedoch schwenkte der Charakter des Weges zu einer gut gesicherten Klettereinlage. Entlang der Drahtseile ging es sehr steil und anstrengend (mein Schnaufen muss man noch am Joch gehört haben) auf das erste Band der Sella, wo sich die schön gelegene Pisciadu-Hütte befindet. 
Nach einer wohl verdienten Stärkung ging es nun weiter auf das Dach der Sella. Immer weiter zog sich der Weg, grüne Stellen waren schon lange nicht mehr sichtbar. Die Beine wurden schwer und der Hinweis von “netten” Wanderern, dass es erstmal wieder ein Stück hinab und dann wieder herauf ginge, wurde nicht gerade fröhlich quittiert. Eine faszinierende Mondlandschaft erwartete uns oben. Ab und zu gaben die Wolken den Gipfel des Piz Boe mit seiner Gipfelhütte frei. Ein Ziel, das wir am kommenden Morgen geplant hatten. Mit einem Endspurt erreichten wir dann die Boehütte, eine einfache Unterkunft, die an diesem Tag von einer Einheit des italienischen Militärs “eingenommen” worden war. Ein Zeltdorf war in direkter Nachbarschaft aufgebaut und in der Hütte war einiges los. Für unseren Uli kam an diesem Tag aber alles zusammen, erst die lange Tour mit Klettereinlage und dann auch noch die italienischen Steh-Toiletten. Aber auch das hat er tapfer überstanden.
Negativ fielen an diesem Abend jedoch nur nörgelnde Schwaben am Nachbartisch auf, die der Bedienung das frühe Abendessen anscheinend nicht gönnten. 

Aufstieg 1245m  Abstieg 855  Zeitbedarf  9:30 h (mit Pausen)

 Wolkenfenster zur Sella   
 Im Aufstieg durch das Val Setus
 Die Pisciudu-Hütte   
Auf der Sella-Hochebene

Donnerstag, 1.09.2005

Angetrieben von einen engen Zeitplan und dem tollen Wetter ging es heute recht früh aus den Betten. Ein Traumtag kündigte sich an und so ging es frühzeitig hinauf zum höchsten Punkt der Sella, dem Piz Boe. An einer kurzen Steilstufe sicherte ein Drahtseil den Weg über ein Band, dann ging es über das typische Geröll zum höchsten Punkt, den eine kleine Unterkunftshütte “ziert”. Die Aussicht hier war grandios – nur die anrückende Militärkompanie liess den Platz langsam eng werden. Der Blick reicht im Osten von der Fanes über Pelmo und Civetta, weiter über Marmolada und Pala zu Langkofel und Geisler und im Norden zum schneebedeckten Alpenhauptkamm. Wir konnten uns kaum trennen, aber es half nichts – am Pordoipass mussten wir den Bus erwischen. Also ging es zügig hinunter über die karge Fläche zur Pordoischarte und weiter zur Seilbahnstation. 
Nach einer kurzen Busfahrt zum Sellajoch kam dann das Kontrastprogramm. Über den Friedrich-August-Weg zogen Heerscharen von Menschen aller Wanderansprüche zu den nahe gelegenen Hütten. An der Platttkofelhütte erwartete uns eine komfortable Hütte mit toller Küche und viel Luxus, der nach den ersten Wandertagen auch gut tat. Mit kleiner Mannschaft ging es dann am Nachmittag noch auf den nahe gelegenen Plattkofel bevor in gemütlicher Runde der Abend zu ende ging. 

Aufstieg 1. Teil 380m  Abstieg 1. Teil 310m  Zeitbedarf  2:20 h 

Aufstieg 2. Teil 305m  Abstieg 2. Teil 185m  Zeitbedarf  2:00 h

Plattkofel Aufstieg 610m  Abstieg 610m  Zeitbedarf  2:30 h

Gipfelimpressionen vom Piz Boe
Am Langkofelmassiv

Freitag, 2.09.2005

Der Tag begann mit einer kleinen Feier – Gudulas Geburtstag. Und aufgrund angesagter Gewitter hatten wir die Runde durch den Rosengarten kurzerhand geändert. So ging es gemütlich über die Wiesen der Schneid hinüber zum Tierser Alpl, wo wir schon die Lager bezogen. 
Dann ging es teilweise mit leichterem Gepäck hinüber zum Schlern, wo neben einer tollen Gipfelaussicht auch eine Brettl-Jause auf uns wartete. 
In rekordverdächtiger Zeit ging es dann zurück, wobei sogar Uli ungeahnte Kräfte fand und so manchen “Bergkamerad” am Wege stehenließ. 
Leider hatten wir Astrid, unsere Bergführerin aus vielen Touren, die wir dort treffen wollten, knapp verpasst. Den Abend genossen wir dann jedoch noch, was uns auch einige recht angetrunkene Zeitgenossen aus dem Allgäu, die unsere Frauen anmachen wollten, nicht vermiesen konnten. 
Das wäre ihnen dann aber (weit nach der Hüttenruhe) beinahe noch gelungen, indem sie uns allen lautstark zeigten, wie man bei Ihnen “rücksichtsvoll” mit anderen umgeht. Erst der Hinweis von Steffi, dass “die Typen an den Eiern aufgehängt gehörten” brachte (nach einer allgemeinen Lachsalve) Ruhe.

Aufstieg 1095m  Abstieg 955m  Zeitbedarf  8:00 h 

Marmolada im Morgenlicht  
Übergang zum Tierser Alpl
Idylle am Rande der Seiser Alm     
Weg vom Tierser Alpl zum Schlern
Schlernhäuser mit Rosengarten

Samstag, 3.09.2005

Nach einem eher späten Frühstück hieß es nun Abschied nehmen. Gemütlich ging es zur Rosszahnscharte, von der der Weg erst steil, dann gemütlich zur Seiser Alm zieht. Über die Wiesen und teilweise auch abenteuerlich weglos ging es dann zur Seiser Alm Bahn, die uns zu (unverschämt hohen Preisen) wieder in die Zivilisation zurückbrachte. 

Aufstieg 255m  Abstieg 675  Zeitbedarf  3:00 h (mit Pausen)


Abschied von den Dolomiten…….