Mein Reisetagebuch – Südtirol (Vinschgau/Wehrburg) – September 2020

Samstag, 19.09.2020 – Anreise

Ein lange geplanter Urlaub stand an – und doch war alles anders als vorgesehen. Eine Pandemie namens Corona hatte sich in unser aller Leben gedrängt und vieles verändert.

Bisher gab es für uns glücklicherweise keine gesundheitlichen Probleme, jedoch wurde die vorgesehene Reisegruppe reduziert. Da Steffi aufgrund einer Weiterbildung nicht mitfahren konnte, sprang spontan Lothar schon im ersten Urlaubsteil ein. Zwar konnte er den Part der “besten Ehefrau von allen” nicht so ganz abdecken, als Wandergenosse und Mitbewohner des Feriendomizils passte es allemal.

So ging es früh am Morgen über die Autobahnen gen Süden. Nach einigen Staus wurde es in Österreich dann abenteuerlich, da in Landeck die Zufahrt zum Reschenpass gesperrt war und die Beschilderung eher mäßig war. So war ein Umweg über das Timmelsjoch angesagt, der landschaftlich zwar grandios aber zeitlich doch unangenehm war. So kamen wir recht spät im Quartier an und der notwendige Einkauf war nur noch im omnipräsenten Lidl möglich. Hier bekam man zwar das Nötigste, jedoch gute regionale Produkte suchte man vergeblich.

Abendlicher Blick auf Latsch

Sonntag, 20.09.2020 – Tarscher Jochwaal

Nach einem ersten Frühstück in unserer Ferienwohnung in Tarsch gingen wir durch den Ort zu Fuß zur Talstation des hiesigen Sessellifts. Bei dampfigem, wolkigem Wetter waren dann bereits über 200 hm zu überbrücken. Begleitet vom stetigen Bimmeln der Kuhglocken stiegen wir voller Tatendrang voran. Die folgenden 700 hm ließen wir uns von der alten Sesselbahn hinaufschaukeln. Von der Tarscher Alm nahmen wir den Weg hinauf zum Wetterkreuz. Wanderer waren bei der wolkigen Wetterlage wenig zu sehen, dafür kam uns lautstark und geruchsintensiv eine Ziegenherde entgegen. Oben angekommen zogen die Wolken weiter zu, so dass die Aussichten eher gering waren. Weiter gingen wir dann entlang des Tarscher Jochwaals, der in einer Höhe von rund 2.500 m vor langer Zeit gebaut, aber inzwischen aufgelassen wurde. Am Überbleibsel des alten Aquaedukts bogen wir auf den Abstiegsweg nach Norden in Richtung Latscher Alm ab, der steil durch das Seitental abwärts geht. Bei einsetzendem Regen erreichten wir dann bald die Tarscher Alm, wo wir bei einem Andechser Weißbier den inkontinenten Himmel gut ertragen konnten. Der Weg abwärts mit dem Sessellift brachte dann zwar einen feuchten Hintern, war aber trotzdem angenehmer als ein Fußmarsch.

Tourdaten: 12 km, 1.069 hm, 5:30 h (mit Einkehr)

Aufwärts schweben
Am Tarscher Wetterkreuz
Am Waalweg
Das alte Aquaedukt
Vinschgau-Blick

Montag, 21.09.2020 – Schnalstal – Schröfwand

Der Wetterbericht hörte sich nicht so schlecht an – zwar war von wolkenlosem Himmel nichts zu sehen, aber trockenes Wetter sollte für die geplante Bergtour im Schnalstal durchaus reichen. So ging es nach einem frühen Frühstück (die guten Zutaten gab es im örtlichen “Tante Emma-Laden”) zügig ins Schnalstal. Am Parkplatz direkt an der Staumauer des Vernagt-Sees stiegen wir durch den Bergwald auf einem guten Weg bergan. Bald verließen wir den Wald und wurden mit einer grandiosen Sicht auf den tief unter uns liegenden See belohnt. Zwar kamen immer wieder Wolken auf, aber der Wechsel zwischen Nebel und Aussicht hatte durchaus seinen Reiz. Zwei Wanderer und einige Schafe – ansonsten hatten wir den Berg für uns. Auch auf einer Höhe von rund 2.800 m waren die Temperaturen für den Spätherbst noch akzeptabel. Die trockenen Sommer haben sich auch hier bemerkbar gemacht – der kleine See unterhalb des Gipfels ist inzwischen komplett ausgetrocknet. Nach einer kurzen Rast gingen wir auf dem Steig in Richtung Unser Frau, dem Hauptort des Tales. Ein guter, wenig begangener Weg zog sich lang hinab bis zu den ersten Höfen über dem Tal. Von hier ging es dann zurück zum Parkplatz. Den Abend rundete ein Essen im urigen Knofelkeller in Tarsch ab.

Tourdaten: 9,7 km, 1.150 hm, 6:15 h

Am Vernagt-See
See-Blick
Gipfel-Blick
Blick auf Karthaus beim Abstieg

Dienstag, 22.09.2020 – Waalwanderung nach Juval

Die Höhenmeter der ersten zwei Tage steckten uns dann doch in den Knochen, so dass wir uns für aktive Erholung entschieden. Von Tschars gingen wir entlang dem noch genutzten Schnalswaal bis zur Burg Juval, einem der vielen Messner Mountain Museen. Eine Führung durch einen – wenig inspirierten – Guide gönnten wir uns natürlich auch. Anschließend gingen wir entlang des Tscharser Waalwegs, der leider nicht mehr genutzt wird. Trotz der eher verhaltenen Aussichten war das Wetter angenehm spätsommerlich und es gab immer wieder schöne Blicke in den Vinschgau. Aufgrund des in Kastelbell beginnenden Staus machten wir dann noch einen Zwischenstop, um das Schloß Kastelbell in Augenschein zu nehmen. Da jedoch unser heutigen Bedarf an Führungen gedeckt war, ging es schnell wieder zurück ins Auto. Der Stau auf der Vinschgau-Straße hatte sich inzwischen ausgedehnt, so dass wir spontan über kleine Straßen auf der anderen Seite der Etsch in Richtung Latsch fuhren – einen spannende Sache bei den vielen Radfahrern und kleinen engen Wegen. Trotz allem eine guten Entscheidung, da die Hauptstraße noch mehrere Stunden komplett wegen eines Unfalls gesperrt war.

Tourdaten: 7,6 km, 363 hm, 3:45 h

Schloss Juval
Der Hausherr?
Südtirol trifft Nepal
Kastelbell
Abendliches Schauspiel

Mittwoch, 23.09.2020 – Talwanderung bei Latsch

Nächtlicher Regen zog am Morgen langsam ab, so dass der geplanten Talwanderung nichts im Wege stand. Durch die Obstgärten gingen wir hinab nach Latsch, wo wir die Staatsstraße querten und oberhalb nach Goldrain gingen. Das dortige Schloss kann aktuell aufgrund der Corona-Situation nicht besichtigt werden. Auf einem schönen Talweg wanderten wir durch die Apfelplantagen auf die Burgruinen am Eingang des Martelltals zu – Unter- und Obermontani. Nachdem wir auf einer alten Holzbrücke einen Bach überquert hatten, stiegen wir einige Höhenmeter zur unteren Ruine auf, von wo man schon einen guten Blick hat. Die obere Ruine ist leider nicht zugänglich, so dass wir schnell weitergingen – das Ziel war der empfohlene Bierkeller Latsch. Hier erwartet den Wanderer eine prima Rastmöglichkeit. Nach der verdienten Stärkung gingen wir – teilweise mit Hilfe des Navis – durch die Wälder weiter zurück nach Tarsch, wo wir zum Abschluss auf den Raminiwaal trafen. Mit einer Brotzeit in der Ferienwohnung beendeten wir den ersten Teil dieses Urlaubs.

Tourdaten: 14,5 km, 570 hm, 5:00 h (mit Einkehr)

Erntezeit
Burg Latsch
Goldrain – Blick auf Schloss Annenberg oberhalb
Apfelzeit
Blick auf Ruine Obermontani
gemütliche Rast im Bierkeller Latsch
Tarsch
Brotzeit-Zeit

Donnerstag, 24.09.2020 – Transfertag mit Besuch des Partschinser Wasserfalls

Und wieder war das Wetter besser als vorhergesagt. Da wir bis zum Bezug unserer Hotelzimmer noch genug Zeit hatten, war ein Abstecher nach Partschins angesagt. Der dortige, fast 100 m hohe Wasserfall ist einen Besuch wert. Man kann zwar auch ein ganzes Stück mit dem Auto oder Shuttlebus hochfahren, aber wir entschieden uns für den mit 1,5 Stunden angegebenen Fußweg. Beeindruckend wie sich das Wasser dort in die Tiefe stürzt. Dass sich auch Unmengen anderer Menschen dieses Schauspiel ansehen, war zu erwarten. Nicht zu erwarten war dafür, dass wir auf dem Abstieg meine Nachbarn von daheim trafen. Die Welt ist irgendwie doch klein. Da das Wetter auf der Wehrburg auch immer noch hielt, machten wir uns nach der Ankunft von Karolina und Robert auf den Weg über den Waldweg nach Grissian. Der schöne alte Berggasthof Schmiedl ist immer wieder einen Besuch wert. Dass der angekündigte Regen dann zum Abendessen wirklich kam, störte dann auch eher wenig.

Partschinser Wasserfall
Wehrburg – wie immer ein tolles Quartier

Freitag, 25.09.2020 – Gampenbunker

Heute behielt der Wetterbericht – leider – Recht. Regen, Gewitter und ein Temperatursturz. Somit entschieden wir uns für einen schon lange mal geplanten Besuch des Gampenbunkers direkt am Gampenpass – eine beeindruckende Anlage, die im zweiten Weltkrieg dort entstanden ist. In neun Monaten wurde hier – teilweise ohne dass die Bevölkerung davon etwas mitbekam – eine Stellung in den Berg gebaut. Über vier Etagen und 1,5 km in den Berg hinein wurde hier gebaut. Heute wird hier auch der Bau der Gampenstraße in einer Ausstellung dokumentiert sowie eine riesige Mineralienausstellung präsentiert. Anschließend flanierten wir noch kurz durch Lana bevor uns das Wetter in den Schutz der Burg zurück schickte, wo wir bei Kaffee (Wein) und Kuchen den Nachmittag überstanden.

Im Rittersaal

Samstag, 26.09.2020 – Wanderung nach St. Hippolyt

Mal wieder ein Geburtstag auf der Burg – nur diesmal ohne Steffi. Etwas komisch war das schon. Aber immerhin waren ja die Freunde dabei, die mich beim Frühstück mit einer Flasche Grappa überraschten. Da das Wetter über Nacht die Berge bis in tiefere Lagen mit Schnee bedeckt hatte, entschieden wir uns für eine Mittelgebirgswanderung zum Höhenkirchlein St. Hippolyt. Bei teilweise frischem, aber trockenen Wetter erreichten wir diesen schönen Aussichtspunkt, an dem inzwischen auch direkt nebenan wieder ein Gasthaus eröffnet hat. Zurück ging es über den Narauner Weiher und Tisens zur Wehrburg, wo wir den Abend mit einer guten Flasche Lagrein ausklingen ließen.

Tourdaten: 11 km, 539 hm, 4:00 h (mit Einkehr)

Der obere Wiesenweg nach Tisens
Aussichtsspunkt St. Hippolyt
Narauner Weiher
Fahlburg in Prissian

Sonntag, 27.09.2020 – Wanderung im Hirzergebiet

Das Wetter startete mit viel Sonne. Da die Temperaturen aber noch zurückhaltend waren und auch noch einiges an Schnee in den Bergen lag, entschieden wir uns zu einem Ausflug in meine Vergangenheit – ins Hirzergebiet. Statt des geplanten Hirzergipfels fuhren wir nur bis zur Mittelstation, wo der alte Gasthof Prennanger inzwischen zu einer schicken Mountainlodge umgebaut wurde. Über Forstwege ging es zur Gompm-Alm, wo bereits auf 1.700 m der erste Schnee auf uns wartete. An der Hirzerhütte war es schon komplett winterlich. Auf dem Höhenweg zur Stafellhütte war der Schnee aber kein Problem. Auf Stafell, wo ich früher viele schöne Urlaube verbracht hatte, haben inzwischen Georgs Neffen das Zepter übernommen. Viel verändert hat sich aber letztlich nicht. Nach einer kleinen Stärkung wanderten wir dann über den Steig zur Grube und weiter hinab nach Prenn.

Mit einem Bier in der Sonne auf dem Burghof in Prissian endete dieser Tag.

Tourdaten: 8,90 km, 633 hm, 3:30 h

Prenn Mittelstation
alter Hof Prenn
Bergdorf Prenn
Winter an der Gompm-Alm
Stafellhütte
Ifingerblick

Montag, 28.09.2020 – Rund um den Tisner Gall

Und wieder waren die Wolken zurück. Da es aber trocken war und bleiben sollte, hatten wir uns für die Wanderung von Prissian um den Tisner Gall entschieden. Es ging hinauf vorbei an der Zwingenburg (leider Privatbesitz und nicht zu besichtigen) und weiter über den Mühlenweg. Hier entschieden wir uns, trotz des Sperren-Schildes weiterzugehen. Schließlich war das ja nur ein Fahrverbot. An vielen Stellen war der Weg weggespült, aber mit ein wenig Trittsicherheit konnten wir dies umgehen. In Gfrill querten wir die Gampenstraße und stiegen einen steilen Schotterweg aufwärts bis knapp vor Platzers. Nun wanderten wir auf einem Forstweg weiter um den Gall bevor wir den Abzweig nach Naraun nahmen, um unsere verdiente Belohnung mit einer Einkehr beim Hofstätterhof zu bekommen. Entlang des unteren Wiesenwegs ging es nach Schloß Katzenzungen und weiter zur Wehrburg zurück.

Tourdaten: 17 km, 935 hm, 5:30 h

Zwingenburg
Mühlenweg
Gfrill mit Gall
Abzweig nach Naraun
Jausenstation Hofstätter
Schloss Katzenzungen – Prissian

Dienstag, 29.09.2020 – Ultentaler Höfeweg

Nach der langen Wanderung vom Vortag, die uns allen noch in den Knochen steckte, fuhren wir heute ins Ultental. Von St. Nikolaus wollten wir den Höfeweg machen, da aufgrund der Schneelage die höheren Wege nicht so sinnvoll erschienen. Direkt in St. Nikolaus dann der Schreck – Höfeweg teilweise gesperrt. So nahmen wir dann die Umleitung, die uns erstmal zur Hauptstraße leitete. Dort hatten wir direkt ein wenig Spaß als eines der Kälbchen, die wir fotografieren wollten, Roberts Ärmel erstmal abschleckte. Auf dem Weiterweg konnten wir miterleben, wie aggressiv Kühe sein können. Eine Frau, die mit zwei Hunden über die Wiese spazierte, wurde von den Kühen im Galopp verfolgt. Da die Kühe sich nur mühsam beruhigten, entschieden wir uns dafür, den Höfeweg in der anderen Richtung zu gehen – letztlich eine gute Entscheidung. Auch wenn es im Wald noch etwas frisch war – die Aussichten in das Tal und zu den verschneiten Bergen war grandios. Vorbei ging es an einem alten Sanatorium (erst kürzlich wieder eröffnet) und den 2.000 Jahre alten Urlärchen. Nach einer Einkehr in einem alten Gasthof in St. Gertraud wanderten wir auf dem Höfeweg mit viel Aussicht zurück. Die Umleitung führte uns dann doch noch zu der schon bekannten Kuhwiese, wo sich aber wieder alles beruhigt hatte. Die Rückfahrt wurde dann noch spannend, da sich mein Tankinhalt doch recht schnell reduziert hatte. Die Tankstelle in Naraun hatte in italienischer Tradition nur einen Automaten, der nicht so leicht zu verstehen war. Glücklicherweise fand sich noch ein netter Zeitgenosse, der mir helfen konnte. Die Krönung war dann noch der Einkauf beim Tisner Speck-Detailverkauf.

Mit einem Aperitiv auf dem Burghof endete der vorletzte Tag.

Tourdaten: 10 km, 389 hm, 3:15 h

Talblick von der Wehrburg
Ultental
Mutterkuh – not amused
Sanatorium Villa Hartungen
Bei den Urlärchen
Belohnung

Mittwoch, 30.09.2020 – kleine Laugenspitze

Und nochmal gab das Wetter alles – strahlend blauer Himmel. Da der Schnee sich doch schon wieder etwas zurückgezogen hatte, stand einer letzten Gipfeltour nichts im Wege. Mit dem Auto fuhren wir die bekannte Strecke zum Gampenpass hinauf, wo bereits schon fast alle Parkplätze belegt waren. Über den steilen Bonacossa-Steig wanderten wir aufwärts. Mit dem Verlassen der Baumgrenze begann das Staunen – ein Super-Panorama von den nördlichen Stubaier Alpen über die Sarntaler Berge zu den Dolomiten und weiter bis zu Adamello-Grupppe. Vom Laugensee wanderten wir noch zum Gipfel der kleinen Laugenspitze, die mit ihren 2.300m eine kaum weniger gute Aussicht bietet als die etwas höhere große Laugenspitze. Für den Abstieg entschieden wir uns für den Weg über die Gfrillner Laugenalm, der sich aufgrund der Feuchtigkeit als recht rutschig erwies. Mit viel Vorsicht erreichten wir die wenig besuchte Gfrillner Laugenalm, wo eine Einkehr natürlich Pflicht war. Nach erfolgreichem Abstieg und Rückkehr zur Burg suchten wir uns noch ein sonniges Fleckchen an dem wir diesen schönen Tag ausklingen lassen konnten.

Auch in Zeiten von Corona mit diversen Einschränkungen war die Wehrburg wieder ein toller Fleck zur Erholung. Gutes Essen, tolles Ambiente – ich komme bestimmt wieder.

Tourdaten: 7 km, 792 hm, 4:30 h

Laugensee mit Laugenspitze
Gipfel kl. Laugenspitze
Die “Gipfelstürmer” – Karolina, ich, Robert und Lothar
Gfrillner Laugenalm – mit Traumblick
Abschlussbier
neue Gäste kommen ständig…..