Mein Reisetagebuch – Venedigerhöhenweg – August 2002

Samstag, 03.08.2002

Nach den diversen geführten Touren der letzten Zeit war mal wieder an der Zeit, eine selbst geplante Tour zu unternehmen. Und was gibt es schöneres als dies auch noch in Gesellschaft zu unternehmen. Der Venedigerhöhenweg war vor Jahren schon einmal mein Ziel, wegen mäßigem Wetter aber nicht in solch guter Erinnerung geblieben. Als Annette den Vorschlag machte, war ich sofort Feuer und Flamme. Diesmal sollte der Startpunkt im Tal von Innergschlöß sein, von wo man einen ganz hervorragenden Venedigerblick hat. 
Schon am Freitag erfolgte die Anreise und mit einem kleinen Abendspaziergang hatten wir das Venedigerhaus in Innergschlöß erreicht. Früh waren wir beide wach und mit dem ersten Sonnenlicht zogen wir lange vor allen anderen los. Lange bevor der Ausflugstrubel diesem Talschluß wieder in den Griff bekommen würde, wollte wir auf den Höhen sein. 
Direkt zu Beginn stand das erste Hindernis – irgendwie hatten wir den Abzweig zum Weg verpasst. Aber da man ja zu den erfahrenen Wanderern gehört, kam Umkehren nicht in Betracht. Mit kritischem Blick wurden Gelände und Karte bedacht und querfeldein der Weg gesucht. Dies war zwar mit ein wenig Schnaufen verbunden, aber natürlich trafen wir wir kurz darauf auf den Weg, der sich in angenehmen Serpentinen hinaufschlängelt. Immer gewaltiger kam der Großvenediger mit dem zerrissenen Schlatenkees in den Blick. An einem Abzweig ging es weiter zum Löbbentörl, doch dies war erst für weit später geplant. Jetzt wollten wir erst hinauf zu den Prager Hütten. Die Alte Prager Hütte kam kurz darauf in den Blick. Diese ist derzeit jedoch unbewirtschaftet und wird umgebaut. 

Also ging es weiter hinauf auf fast 2.800m, wo die Neue Prager Hütte einem Adlerhorst gleich gegenüber dem Schlatenkees erbaut ist. Der freundliche Wirt reservierte uns per Funk gleich noch auf der Badener Hütte ein Lager. Wäre es nicht so früh am Tage, wir hätten tatsächlich überlegt auf dieser Hütte zu bleiben. Aber das kann immer noch mal nachgeholt werden – Ziele gäbe es genug. Doch nach ausgiebiger Rast in der warmen Sommersonne, die nur von einem etwas nervigen Hüttenhund gestört wurde, gingen wir dann hinunter um unserem Tagesziel näher zu kommen. Kurz unterhalb der alten Hütte zweigte der Gletscherweg ab, der allein für sich schon eine Attraktion ist. Wer nicht über den Gletscher selber gehen will, ist mit diesem Weg bestens bedient. Über glatt geschliffener Gesteinsformationen geht der Weg und gibt immer wieder tolle Eindrücke in die Modellierkunst der Natur. Am Ende dieses Teilstücks zweigt dann der Weg zum Löbbentörl ab, der uns unserem Tagesziel näherbringen sollte. Jedoch waren es immer wieder wunderbare Stellen, die zum Anhalten, Schauen und Fotografieren verleiteten.
Da war es ein Seeauge mit einem Wollgrasteppich, dort ein wunderbarer Tiefblick zu den Spalten des Schlatenkees. Doch irgendwann war dann das Löbbentörl auf über 2.700m mit seinem bekannten Kreuz erreicht. Der Ausblick von dort sucht seinesgleichen. 
Nach ausgiebiger Rast, die die rastlose Annette auch noch mit dem nahen Gipfel des Knorrkogels garnierte, ging es dann weiter zur Badener Hütte, die wir auf sehr gutem, mehrfach mit Drahtseilen gesichertem Wege dann endlich erreichten. Da letzte Stück hatte sich dann doch etwas gezogen, zumal wir immerhin über 1.800 Höhenmeter und rund 9 Stunden in den Beinen hatten. Aber dann schmeckt das wohlverdiente Bierchen umso besser. Und in der gemütlichen kleinen Hütte ließ sich der Tag gut ausklingen.

 Schlatenkees
Das „Auge Gottes“        

Sonntag, 04.08.2002

Alle Überlegungen des Vorabends bezüglich der folgenden Schlüsselstelle des Weges, der Galtenscharte hatten sich für uns erledigt. Das Wetter war gekippt – dichte Wolken umtanzten die Gipfel und gaben dem Ganzen einen recht dramatischen Anstrich. Da es in der Nacht auch geregnet hatte, war uns der Übergang dann doch zu riskant, zumal wir bei Unbegehbarkeit der Scharte die 3 Stunden Anmarsch umsonst gemacht hätten. 
Also entschieden wir uns für den Abstieg hinunter nach Gruben. Zu Anfang war der Weg noch recht interessant, wurde jedoch im zunehmenden Verlauf auf der Fahrstraße eher eintönig. Unten im Tal jedoch dann das Erfolgserlebnis. Ein erster Versuch der Autostops war erfolgreich und das nette Ehepaar brachte uns auch noch direkt bis nach Virgen, wo zudem auch noch die Sonne herauskam. 
In Virgen entschieden wir uns für den Wiesenweg nach Obermauern. Hier holte uns das Missgeschick vom Vortag wieder ein – irgendwie fanden wir in den dicht bewachsenen Wiesen nicht den rechten Weg und es ging kreuz und quer weiter. Verfolgt von Kälbern, Pferden und einigen Hunden erreichte ich dann auch endlich die Strasse, von wo wir auf der Fahrstraße in der brütenden Sonne den Aufstieg zur Nilljochhütte begannen. Jede Erfrischungsmöglichkeit durch nahe Bäche wurde dankbar genutzt. Die ersehnte Einkehr bei der Nilljochhütte fiel aus, der der Weg weit oberhalb auskam. Aber eine nahe Alm brachte noch eine willkommene Pause vor dem Schlussanstieg zur schon von weitem sichtbaren Hütte.
Oben angekommen reichte es gerade noch zu einem Bier auf der Terrasse bevor sich die ersten Regentropfen des nahenden Gewitters ausbreiteten.


  Beim Abstieg von der Badener Hütte

Montag, 05.08.2002

Nach dem abendlichen Regen war der Himmel blank geputzt und in der morgendlichen Kühle standen die Gipfel des Lasörlingkammes Spalier.  Früh waren wir wieder unterwegs, wollten wir doch an unserem letzten Tag noch so viel wie möglich schaffen. Also ging es durch die herrlichen Wiesenwege, an deren Rand immer wieder ganze Murmeltierkolonien spielerisch herumtollten, weiter gen Osten. An kleineren Stellen ist der Weg durch Drahtseile gesichert, echte Schwierigkeiten gibt es aber keine. Der tolle Ausblick ist es aber, der einen immer wieder stehenbleiben lässt. Nach knapp 2,5 Stunden erreichten wir dann die kleine Eisseehütte, deren Wirt doch recht erstaunt ob der frühen Gäste war. Da wir so gut in der Zeit lagen. entschieden wir uns für den Weiterweg zur neuen Sajathütte, die im vergangenen Jahr nach der Zerstörung durch eine Lawine neu erbaut worden war. 
Über den traumhaften Wiesen-Höhenweg ging es wieder hinaus aus dem Timmeltal. Viele Blumenarten (und sogar Edelweiß) zierten diesen Weg.

Am Talbeginn nahm der Verkehr zur Hütte dann auch mehr und mehr zu. Die Sajathütte liegt immer noch an einem wunderbaren Aussichtspunkt, ist aber für meine Begriffe viel zu groß wieder erbaut worden. Die Mengen von Tagestouristen gaben dem Haus eher das Flair eines Berggasthofes denn einer Berghütte. So trollten wir uns dann nach einer kleinen Stärkung auch schnell wieder und zogen ab in Tal, wo noch das Abenteuer der Rückfahrt auf uns wartete. Die Infrastruktur der Postbusse lässt sehr zu wünschen übrig und so waren wir wieder auf den bekannten Autostop angewiesen. Aber als sich nach einer Stunde schon erste Krämpfe in den Daumen einstellen wollten, hielt doch noch ein kleiner Caddy an, auf dessen Ladefläche wir sogar noch bis zu unseren Autos gebracht wurden. Mit einen leckeren Strudel ließen wir eine gelungene Tour am Matreier Tauernhaus dann ausklingen. 

Morgenstimmung an der Bonn-Matreier Hütte
   Synchronfliegen?